Hintergrund des Projekts

Kindesmisshandlung, -missbrauch und -vernachlässigung ist ein alle sozialen Schichten betreffendes, vielgestaltiges Problem. In jedem Fall gilt es verschiedene Charakteristika zu berücksichtigen: das Alter des Opfers, die Art und Schwere der Misshandlung, in welchem Kontext die Taten stattfanden und  das Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Oft sind Kindeswohlgefährdungen schwer zu erkennen, da sie einerseits oft innerhalb der Familie stattfinden und andererseits kulturelle Mechanismen der Verleugnungs oder der Verharmlosung existieren (WHO, 2002).

Bei Kindesmisshandlung, -missbrauch und -vernachlässigung handelt es sich in der Regel nicht um ein singuläres Ereignis, sondern um wiederholte Vorkommnisse. Dies führt dazu, dass rehabilitative oder psychotherapeutische Hilfsangebote die Opfer oftmals erst mit großer zeitlicher Verzögerung erreichen. Traumatische Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen werden häufig geleugnet oder gar nicht erst angesprochen und deswegen auch nicht verarbeitet. Bisherige Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass die kurz- und langfristigen Folgen von Kindeswohlgefährdungen sowohl körperlicher als auch psychischer Natur sind. Die Verbindung zwischen traumatischen Erlebnissen in der Kindheit und physischen und mentalen Folgen im Erwachsenenalter stellte die ACE-Studie (Adverse Childhood Experiences) als eine der ersten epidemiologischen Untersuchungen fest.

Um diese Folgen abzumildern, ist es notwendig, Betroffenen möglichst frühzeitig integrierte sowie spezialisierte Hilfe- und Unterstützungsmaßnahmen zu ermöglichen.

Um betroffene Kinder und Jugendliche angemessen unterstützen zu können, ist es notwendig, dass die verschiedenen Versorgungsbereiche, bestehend aus Gesundheitswesen, Jugendhilfe, Pädagogik und Strafverfolgungsbehörden, miteinander kooperieren. Momentan bestehen einige Hindernisse, die eine gelingende Kooperation erschweren. Dies beginnt bereits bei der Einschätzung und Meldung von Kindeswohlgefährdungen und reicht über die Schutz- und Behandlungsmaßnahmen bis hin zur Strafverfolgung von Kindesmisshandlung, -missbrauch oder -vernachlässigung hinaus.

Über das Projekt PROCHILD strebt danach ein multi-professionelles und ganzheitliches Modell der Kooperation zwischen den am Kinderschutz beteiligten Fachkräften und Versorgungsbereichen zu schaffen. Dabei soll die hohe Dunkelziffer mithilfe einer Verbesserung des Meldeverhaltens bei Kindeswohlgefährdungen angestrebt und die Zusammenarbeit der Fachkräfte gestärkt werden, um die jeweiligen Expertisen zu kombinieren und so die Interessen der betroffenen Kinder bestmöglich wahrzunehmen.